Wie der Wolf ins Haus kam

Der Mensch hält Vögel in Volieren, Hamster in Käfigen, Fische in Aquarien. Nur Hund und Katze stromern durch die Wohnung. Warum dürfen sie das?

Von Desmond Morris

So verschieden Katzen und Hunde auch sein mögen, sie haben doch etwas Wesentliches gemein: Es sind die einzigen beiden Tiere, die sich frei in unseren eigenen Behausungen bewegen dürfen. Wir halten vielerlei Tiere, die uns Gesellschaft leisten, aber alle anderen werden in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Vögel werden in Volieren und Bauern gehalten, Hamster in Käfigen, fische in Aquarien, Kaninchen und Pferde in unterschlichen Arten von Ställen. Keines dieser Tiere darf nach Belieben durch unsere Häuser und Wohnungen, durch Zimmer und Flure stromern. Was ist an Katzen und Hunden so besonders, dass wir ihnen diese einzigartige Stellung unter den Haustieren einräumen, ihnen ein so überragendes Vertrauen entgegenbringen und ihre Anwesenheit in unseren privatesten Bereichen dulden?

Die Antwort liegt zum Teil in ihrer langen Domestizierungsgeschichte begründet. Über zahllose Generationen hinweg wurden diese Tiere zu eben jenen Hausgenossen herangezüchtet, an denen wir uns heute so erfreuen. Bei jedem neuen Wurf wurden die freundlichsten - will heißen, die zutraulichsten oder zahmsten - Welpen und Kätzchen bevorzugt, uns so verwässerte sich ganz allmählich ihre Wildheit. Zwar behielten sie einen beträchtlichen Teil ihrer ursprünglichen, ungezähmten Tierpersönlichkeit bei, aber gleichzeitig stellten sie sich mehr und mehr auf das Zusammenleben mit ihren merkwürdigen neuen Gefährten ein.

Bei den Hunden dauert dieser Prozess schon unglaublich lange. Der Hund war überhaupt das erste Tier, dass vom Menschen domestiziert wurde. Bis vor kurzem glaubte man noch, dieser Prozess habe von etwa 14 000 Jahren begonnen, was an sich schon eine ansehnliche Zeitspanne ist, aber neuere genetische Forschungen legen nahe, dass diese Schätzung noch immer viel zu kurz greift. DNA-Untersuchungen von nicht weniger als 69 verschiedenen Hunderassen haben nämlich zweierlei gezeigt. Erstens, dass alle modernen Hunde vom Wolf abstammen, und zweitens, dass es auf Grund der DNA-Unterschiede zwischen Wölfen und Hunden mindestens 135 000 Jahre gedauert haben muss, bis der Wolf sich zum modernen Haushund entwickelt hatte.

Diese Erkenntnis hat wiederum die Archäologen verblüfft, weil sie sich durch Knochenfunde nicht bestätigen lässt. Die Genforscher haben jedoch eine einfache Erwiderung auf diesen Einwand parat. Sie weisen darauf hin, dass die Knochen der frühen Hunde vermutlich denjenigen ihrer wölfischen Ahnen so ähnlich waren, dass sie nicht ohne weiteres als "Hundeknochen" identifiziert werden können. Vielleicht sind die menschlichen Jäger der Vorzeit erst lange nach der Domestizierung daran gegangen, die Größe oder Körperform ihrer wölfischen Hausgenossen zu beeinflussen. Vielleicht hat dieser Prozess, der am Ende zu flacheren Schnauzen, kürzeren Beinen, Ringelschwänzen und den anderen Charakteristika moderner Hunde führte, erst vor rund 14 000 Jahren eingesetzt, so dass als solche erkennbare "Hundeknochen" erst ab dieser Zeit zu finden sind.

Interessanterweise weisen einige (rund ein Viertel) der genetisch untersuchten Hunderassen eine erheblich größere Affinität zum Wolf auf als die anderen. Man muss vermuten, dass diese Rassen auch nach Beginn des langen Domestizierungsprozesses absichtlich oder zufällig immer wieder mit Wölfen gekreuzt wurden. Das ist gar nicht so erstaunlich, wie es klingt, haben doch gerade in den letzten Jahren einige Züchter ohne Schwierigkeiten Wolfs-Hund-Mischlinge herangezogen und damit unter Hundeexperten eine heftige Kontroverse ausgelöst. Es ist außerdem bekannt, dass die Inuit von Zeit zu Zeit ihre Husky-Hündinnen in der Wildnis festbinden, um sie von Wölfen decken zu lassen und dadurch die Ausdauer ihrer Schlittenhunde zu stärken.

Trotzdem muss man sich fragen, weshalb die Urmenschen, die in Gesellschaften von Jägern und Sammlern lebten, sich ausgerechnet mit einem fleischfressenden Tier wie dem Wolf verbündeten. Menschenhorden und Wolfsrudel, beide auf der Jagd nach Beute - wie konnten die Rivalen zu Partnern werden?

Wir können bestenfalls Mutmaßungen über das Szenario anstellen. Die wahrscheinlichste Geschichte lautet ungefähr so: Wenn die menschlichen Jägerhorden an einem Wolfsbau vorbeikamen, in dem sich hilflose Welpen befanden, nahmen sie die Jungtiere mit nach Hause. Einige wurden sogleich getötet und gegessen, andere wurden verschont - vielleicht weil man sie erst verzehren wollte, nachdem sie etwas größer geworden waren.

Die verspielten Wolfswelpen gefielen den Kindern der vorzeitlichen Jägerstämme und wurden als Kuscheltiere benutzt. Die Welpen wuchsen heran, wurden zunehmend vermenschlicht und betrachteten sich schließlich als Teil des menschlichen Rudels. Und da die Tiere weiterhin zahm und freundlich blieben, hat man am Ende darauf verzichtet, sie zu schlachten und zu verspeisen.

Ihre natürliche Neigung zu bellen, sobald sie einen fremden Eindringling witterten, dürfte das Überleben solcher gefangenen Wolfswelpen begünstigt haben. Ihr Wert als Wachhund wurde sicherlich rasch bemerkt. Und selbst dem einfältigsten menschlichen Gehirn muss schon bald gedämmert haben, dass die hündischen Hausgenossen besser hören und riechen konnten, als ihre neuen Herren. In Anbetracht solcher Vorzüge lag es nahe, die Tiere nicht nur als Nahrung zu betrachten, sondern ihre besonderen Fähigkeiten zu nutzen.

In einem nächsten Schritt wurden sie von den Menschen auf die Jagd mitgenommen. Mit ihren überlegenen Sinnesorganen leisteten die Hunde unschätzbare Dienste beim Aufspüren und, gegen Ende der Jagd, auch beim Zusammentreiben und Überwältigen der Beutetiere. Auf Grund dieser drei neuen Aufgaben - Spielgefährten der Kinder, Bewacher von Höhlen und Hütten und aktive Jagdgefährten - schienen diese ersten Hunde ihren Besitzern lebendig wertvoller als tot. Eine dauerhafte Partnerschaft nahm ihren Anfang.

Aber all dies war überhaupt nur dank der besonderen Eigenschaften des wilden Vorfahren des Hundes möglich. Auch wenn es manche zeitgenössischen Hundefreunde nicht gern hören, bleibt es eine Tatsache, dass die ersten Haushunde nicht anderes waren, als zahme Wölfe. Zwar hat man in der Vergangenheit auch weniger furchterregende Arten wie den Schakal und den Kojoten als Ahnen in Betracht gezogen, aber die genetischen Untersuchungen schließen diese Abstammungslinien weitgehend aus. Der moderne Haushund, ob Yorkshire Terrier oder Deutsche Dogge ist nicht mehr und nicht weniger als ein Wolf im Hundepelz.

Es mag uns erschrecken, dass "des Menschen bester Freund" den Wolf zum Ahnen hat, doch zu Unrecht. Das Bild vom Wolf ist durch die Volksmythologie und den Aberglauben krass entstellt worden. In Wahrheit ist der Wolf ein sehr geselliges Tier, das im Rudel strengen Verhaltensregeln gehorcht und sich so stark beherrscht, dass es für die Domestizierung geradezu prädestiniert ist.

Hunde sind deswegen so leicht abzurichten, weil auch der Wolf in freier Wildbahn lernen muss, sich den dominanten Mitgliedern des Rudels unterzuordnen. Sobald man ein einzelnes Wildtier gezähmt hat, überträgt es seine ganze Gefühlsbindung auf die menschlichen Gefährten. Es behandelt sie gleichsam als merkwürdig aussehende Wölfe und ist schnell bereit, den menschlichen Anführern dieselbe Gefolgschaft zu erweisen, wie dem wölfischen Leittier.

In freier Wildbahn bleiben Wölfe auf der Pirsch bewegungslos stehen, sobald sie die Witterung eines Beutetiers aufgenommen haben. Diese Eigenschaft wurde bei der Züchtung der heutigen Vorstehhunde oder Pointer genutzt. Sobald die Wölfe jedoch mit der eigentlichen Jagd begonnen haben, kreist das Rudel sein Beutetier ein. Diese Eigenschaft nutze man bei der Züchtung der modernen Hütehunde. Nachdem das Beutetier erlegt ist, tragen einige Wölfe einen Teil der Nahrung in ihren Bau zurück, wo sie sie mit den Mutter- und Jungtieren teilen. Diese Eigenschaft wurde bei der Züchtung der modernen Apportierhunde oder Retriever veredelt.

Dies sind nur einige Beispiele dafür, dass wölfische Verhaltensweisen in den modernen Hunden nicht nur erhalten geblieben sind, sondern bei manchen Rassen sogar hervorgehoben und verfeinert wurden. Diejenigen Hunde, die sich am besten zum Kuscheltier eignen, sind nach Kriterien der Kindlichkeit und Verspieltheit ausgewählt und weitergezüchtet worden. Die Schoss- und Spielhunde unserer Tage zeigen selbst als ausgewachsene Tiere ein viel welpenhafteres Verhalten als die Gebrauchshunde.

Aber weshalb sehen die heutigen Haushunde so anders aus als Wölfe? Für die Menschen der Vorzeit war es mitunter überlebenswichtig, die domestizierten Tiere bereits aus größerer Entfernung von ihren wilden Ahnen unterscheiden zu können. Um jede Verwechslung auszuschließen, wurden sonst nutzlose Merkmale wie Ringelschwänze, ein schwarzweiß geschecktes Fell oder lange Haarzotteln bevorzugt. Von den Wandmalerein im alten Ägypten wissen wir, dass solche Eigenheiten bereits zur Blütezeit dieser großen Kultur von fünftausend Jahren existierten. Schon die Ägypter besaßen kurzbeinige und gefleckte und große, schlanke Hunde sowie solche mit Ringelschwänzen. Und wenig später gab es auch in anderen Teilen der Welt riesige Doggen, die im Krieg als Kampfhunde eingesetzt wurden , und winzige Tempelhündchen, in denen sich, wie man glaubte, die Seelen verstorbener Mönche reinkarnierten.

Als sich Jahrhunderte später in Europa die verschiedenen Jagdsportarten verbreiteten, worden vielerlei Sorten von Jagdhunden gezüchtet - Spürhunde und Spionhunde, Terrier und , noch später, Wasser- oder Schiesshunde. Die Spezialisierung führte dazu, dass zu Beginn unseres Jahrhunderts in der ganzen Welt Hunderte von Hunderassen existierten. Und im weiteren Verlauf des zwanzigsten Jahrhunderts kamen zahlreiche weitere hinzu, die nur noch als besonders originelle Attraktionen für die immer beliebter werdenden Hundeausstellungen gezüchtet wurden.

Allein, trotz dieser immensen Vielfalt hat der Hund seine wesentlichsten Persönlichkeitsmerkmale bewahrt. Manche Rassen bellen häufiger, manche sind aktiver, manche geselliger, aber die Abweichungen vom wölfischen Erbe halten sich in engen Grenzen. Selbst der kleine Chihuahua ist in seinem Herzen ein stolzer Wolf geblieben. Die größte Charakterveränderung liegt in einem Bereich, wo die wenigsten ihn vermuten würden: Der gewöhnliche Haushund ist weniger nervös und ängstlich als der Wolf. Wölfe sind unglaublich scheue Tiere, und entgegen dem Volksglauben gibt es keinerlei stichhaltigen Beweis dafür, dass ein gesunder wilder Wolf je einen Menschen angefallen hat.

Für den modernen Haushund lässt sich dies leider nicht behaupten. Jedes Jahr ereignen sich zahllose Fälle, bei denen misshandelte Hunde sich an ihren Peinigern vergehen. Der Hund ist viel mutiger als der Wolf, ein Merkmal sein psychischen Struktur, das über Jahrhunderte absichtlich verstärkt wurde. Der Hunde wurde menschenfreundlicher, aber es braucht nicht sehr viel, den loyalen treuen Gefährten im Handumdrehen zum brutalen Kampfhund umzufunktionieren, der zur Verteidigung seines Besitzers, aber - schändlicherweise - auch zu rohen Vergnügungen eingesetzt werden kann.

Eine weitere bedeutende Veränderung bestand in der "Verjüngung" seines wölfischen Naturells. Dies ist der Grund, warum Hunde viel mehr bellen als Wölfe. Wolfswelpen fangen an zu bellen, um ihre Eltern und die anderen Wölfe im Rudel zu warnen, sobald sie etwas wahrnehmen, was ihnen nicht geheuer ist. Ausgewachsene Wölfe bellen höchst selten, wenn überhaupt. Hunde dagegen bellen, wie jeder zur Genüge weiß, ihr ganzes Leben lang. Das Bellen des ausgewachsenen Hundes zeigt, dass er trotz seinem Alter mental noch ein Wolfsjunges geblieben ist. Zum Vorteil des Menschen, bleiben doch die Hunde so Zeit ihres Lebens brauchbare Wächter.

Wenden wir uns nun den Katzen zu, deren Geschichte vergleichsweise unkompliziert ist. Hunde gibt es in allen möglichen Größen und Gestalten. Katzen hingegen stehen dem Aussehen nach ihren wilden Vorfahren viel näher. Sie stammen von der nordafrikanischen Wildkatze ab und wurden hauptsächlich deshalb domestiziert, um den Schädlingen in den riesigen Kornspeichern des alten Ägypten Herr zu werden. Diese Speicher wurden von Heerscharen von Ratten und Mäusen heimgesucht, und so fanden sich dort zahlreiche Wildkatzen ein, die nichts weiter zu tun brauchten, als in der Nähe der Speicher auf reiche Beute zu warten. Die ägyptischen Bauern nahmen diese ungebetene Unterstützung mit wohlwollendem Interesse zur Kenntnis.

Die Katzen waren nicht zur Bekämpfung der Nagerplage abgerichtet worden, sondern folgten lediglich ihrem ureigensten Interesse. Es lag nahe, dass die Bauern nach einer Weile junge Kätzchen mit in ihre Häuser nahmen und dort aufzogen. Durch die emotionale Bindung an Familie und Haus hofften sie, die Katzen für den Schutz ihrer eigenen Lebensmittelvorräte zu gewinnen. Und die Rechnung ging auf. Fast über Nacht begann man, die nützlichen Vierbeiner zu hegen, zu pflegen und zu verehren. Wenn eine Katze starb, verfiel die ganze Familie in Trauer, rasierte sich die Augenbrauen und vollzog eine Reihe von heiligen Ritualen. Wer eine Katze umbrachte, wurde mit dem Tod bestraft, wie ein römischer Legionär zu seinem Leidwesen erfahren musste.

Der große Unterschied zwischen der Domestizierung von Hunden und Katzen besteht darin, dass letztere nur zwei Aufgaben zu erfüllen hatten. Hunde mussten vielerlei Bedürfnissen gerecht werden, aber Katzen wurden lediglich zur Schädlingsbekämpfung und, in viel kleinerem Maß, als Kuscheltiere benutzt. Dies hatte eine viel geringere Spezialisierung zur Folge, und selbst heute noch haben die meisten Katzenrassen eine weitgehend identische Körpergestalt. Wesentliche Unterschiede bestehen lediglich in der Länge und Farbe ihres Fells. Entsprechend schwierig dürfte es sein, eine gehäutete Katze von der anderen zu unterscheiden.

Natürlich gibt es Ausnahmen von dieser Regel. Die Siamesen, die für Katzenausstellungen gezüchtet wurden, haben eine länglichere Körperform und ein spitzeres Gesicht. Die Perserkatze weist eine extrem abgeflachte Schnauze auf, und die Munchkin-Katze etwa, eine sehr junge Züchtung, hat terrierähnliche Beine. Aber dies sind alles hochspezialisierte Sonderzüchtungen. Man sammle hundert streunende Katzen aus allen Winkeln der Welt ein, und abgesehen von der Farbe des Fells wird man kaum einen Unterschied zwischen ihnen finden. Die Katze ist ihrem Ursprung viel näher geblieben, als der Hund.

Auch was ihre Persönlichkeit anbelangt, unterscheiden sich Katze und Hund merklich. Sie ist kein Rudeltier, sondern ein Einzelgänger, der die Anwesenheit menschlicher Gefährten eigentlich nur duldet. Der Hund liebt seinen Besitzer. Die Katze akzeptiert sie. Der Hund betrachtet den Menschen sowohl als Elternersatz wie auch als Leittier, dem er gehorcht. Die Katze betrachtet ihre menschlichen Gefährten ebenfalls als Elternersatz, aber darüber hinaus sieht sie in ihnen lediglich nützliche Futter- und Wärmelieferanten. Der Hund ist ein sklavischer Diener seines Herren; die Katze ein egozentrischer.

Angesichts dieser Unterschiede ist viel über die Charaktermerkmale von Katzen- und Hundehaltern spekuliert worden, und es gab zahlreiche Versuche, die Persönlichkeitsprofile der beiden Gruppen zu erforschen. "Soldaten lieben Hunde, Dichter lieben Katzen", war eines der summarischen Urteile. In Wirklichkeit ist die Sache wie immer komplizierter. Beide dieser enorm beliebten Haustiere, die auf der ganzen Welt zu Millionen gehalten werden, besitzen eine höchst bunte Schar von Anhängern. Nicht zuletzt hängt die Entscheidung für das eine oder das andere Haustier oft von eigenen Kindheitserinnerungen oder von einer momentanen Laune ab.

Inzwischen drohen die Katzen den Hunden, was die Beliebtheit anbelangt, den Rang abzulaufen. Viele Leute wohnen heute in Großstädten, wo Hunde - insbesondere große Hunde - zu einem echten Problem werden können. Als Rudeltiere sind sie darauf angewiesen, täglich lange mit ihren Besitzern spazieren zu gehen. Katzen, die seit je allein auf die Pirsch gehen, haben dieses Bedürfnis nicht. Weil die Gemeinschaft des Rudels für Hunde sehr wichtig ist, leiden die Tiere, wenn ihre Besitzer zur Arbeit außer Haus gehen und sie alleine zurücklassen. Den weit weniger geselligen Katzen macht die Abwesenheit ihrer Besitzer nicht so viel aus. Das Pendel entfernt sich so allmählich von den Gebrauchshunden unserer jagenden und ackerbauenden Vorfahren und schlägt in den modernen Großstädten zugunsten der genügsameren Hauskatzen aus. In den Metropolen der Zukunft werden Katzen vollends überhand nehmen, es sei denn, wir erhalten die nötigen Grünräume, die für das Halten von Hunden, aber auch für unser eigenes Wohlbefinden unerlässlich sind.

Ein letztes Wort noch zu unserer Leidenschaft für gerade diese beiden Tiere. Ich erwähnte eingangs, dass es die einzigen beiden Tiere sind, denen wir volle Bewegungsfreiheit in unseren eigenen vier Wänden gewähren. Es gibt dafür noch einen weiteren besonderen Grund, der damit zu tun hat, dass diese beiden Tiere zu den Fleischfressern gehören. Fleischfresser sind, wie der Mensch auch, besonders reinliche Tiere und peinlich auf die Sauberhaltung ihres Heims bedacht. Viele Tiere, namentlich Pflanzenfresser, lassen ihre Ausscheidungen fallen, wo immer sie gerade stehen und gehen. Man kann sie nicht zur Stubenreinheit erziehen, und entsprechend viel Dreck machen sie, wenn man sie frei umherlaufen lässt.

Hunde und Katzen zeigen eine deutliche Abneigung gegen jede Verunreinigung ihres eigenen Heims und wollen zum Urinieren oder Defäkieren hinausgelassen werden. Das mag auf Anhieb nicht als ein besonders bedeutsamer Punkt erscheinen, aber man sollte seine Wichtigkeit nicht unterschätzen. Ja, vielleicht liegt darin letztlich sogar das Erfolgsgeheimnis von Hunden und Katzen. Ihre Reinlichkeit hat es uns um vieles leichter gemacht, die beiden Tiere unserem eigenen Lebensstil anzupassen und sie zu den beinahe perfekten Hausgenossen zu erziehen, die sie im Laufe der Jahrtausende geworden sind.

Die Anwesenheit von Katzen und Hunden in einem Haus ist eine Bereicherung. Es bereitet ein unendliches Vergnügen, ihnen zuzusehen, und sie erinnern uns stets an die Tatsache, dass wir wie sie ein Teil der Natur sind. Indem wir unser Leben mit ihnen teilen, lernen wir unseren Platz in der Welt und unsere Rolle auf diesem Planeten ein wenig besser begreifen. Indem wir uns von ihnen absondern und uns allen tierischen Gefährten zunehmend verschließen, schaffen wir ein bedenklich weltfremdes und abgehobenes Klima, das uns nur zu leicht zu irrigen Vorstellungen über unsere menschliche Überlegenheit und Unbesiegbarkeit verführt. Wie ich andernorts einmal gesagt habe: Wir sind keine gefallenen Engel, sonder aufgerichtete Affen, und es ist nicht zuletzt die Gesellschaft von Hunden und Katzen, die uns inmitten unserer immer artifizieller werdenden Umwelt daran ge